Unerreichbar – Im Westen nicht Neues

Ich lese gerade einen (ziemlich schlecht geschriebenen) Artikel in der Wiener Zeitung, in dem es scheinbar darum geht, warum der Feminismus es nicht (mehr) schafft genug junge westliche Frauen anzusprechen. Am Ende des Artikels bleibe ich bei folgendem Absatz hängen:

„Kulturen und gesellschaftliche Verhältnisse können Frauen stärker prägen als ihr Geschlecht, vor allem, wenn sie innerhalb gewisser sozialer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen „nichts zu befürchten“ haben, und genau das zeigt der aktuelle Backlash deutlich. Gerade junge, heterosexuelle, westliche, beruflich erfolgreiche Frauen eines komfortablen Mittelstandes, die verinnerlicht haben, dass Gesellschaftskritik der jetzt auch ihnen offenen Karriere im Weg steht, haben strukturelle Diskriminierung entweder nie erfahren oder leugnen sie aktiv und propagieren alt- und neokonservative Ideale und Klischee-Rollenbilder, um wiederum Rahmenbedingungen aufrecht zu erhalten, die ihnen Komfort ermöglichen.“

Beim ersten Satz fällt nebenbei auf, dass der Autor offenbar kein Anhänger der im Feminismus weit verbreiteten Meinung zu sein scheint, dass Kulturen und gesellschaftliche Verhältnisse das Geschlecht selbst prägen (sollen).  Den verschwurbelten Rest hätte man auch einfacher formulieren können:

Frauen, die heute keine Diskriminierung erleben und denen jetzt alle Wege offen stehen, brauchen und wollen keinen Feminismus.

Diese Erkenntnis erscheint logisch. Eine politische Bewegung wie der Feminismus, der seine Daseinsberechtigung aus dem Kampf gegen Unterdrückung herleitet, verliert diese Daseinsberechtigung, wenn das (angebliche) Ziel erreicht ist. Eine“ politische Bewegung zur Abschaffung des deutschen Kaisers“ bräuchte heutzutage auch niemand mehr, da dieses Ziel schon lange erreicht wurde.

Der Feminismus verfällt nun auf die Argumentationsschiene, zu behaupten, dass ein „Backlash“ also ein Rückfall in alte Zeiten drohen würde, wenn er an Einfluss verliert. Ganz so, als wenn der Kaiser plötzlich zurückkehrt, nur weil niemand mehr aktives Mitglied der Antimonarchistenbewegung sein will.

Parallel dazu hat sich ein Teil der feministischen Bewegung tief im alimentierten  Staats- und Universitätsbetrieb eingegraben und versucht dort noch eine Weile vom Geld der Steuerzahler zu leben den Kampf fortzusetzen:

Kennen Sie die „Waldstudie“? 27.000 Euro ließ sich das Umweltministerium NRW den Spaß kosten, um elf Monate lang untersuchen zu lassen, wie „Gender Mainstreaming im Nationalpark Eifel“ umgesetzt werden kann. Bahnbrechendes Forschungsergebnis: Männer und Frauen erleben den Wald unterschiedlich und Bilder von brunftigen Hirschen sollten auf den Werbeflyern entfernt werden, weil sie „stereotype Geschlechterrollen“ befördern. Ein echter Erkenntnisgewinn. (the european)


Feministischer Netzaktivismus in 10 Schritten

1. Erstelle einen Blog und einen zugehörigen Twitteraccount. Möglichst mit echtem Klarnamen und Bildern von Dir. Mach das möglichst  noch vor Abschluss eines Studiums.

2. Stelle gleich klar, dass Du total hart, kompromisslos und radikal bist. Kokettiere häufig mit dem Begriff „Riot“ um unterschwellige Gewaltbereitschaft bei gleichzeitiger Hippness zu signalisieren

3. Gehe dann gleich zum Großangriff auf das Patriarchat, den Mainstream, alle Antifeministen, Männer im Allgemeinen und Feministen mit abweichender Ansicht (oder mehr Aufmerksamkeit) über. Nimm kein Blatt vor den Mund. Vergleiche mit Nazis, Massenmördern und Vergewaltigern sind hier das Mindeste.

4. Mach ausgiebig Dich über gemäßigte Weicheier Männer lustig, die z.B. eigene Nachteile beklagen „Buhu male tears“ und stelle klar, dass jeder Widerspruch gegen Deine Meinung ohnehin nur Derailing darstellt und die Richtigkeit Deiner Thesen damit bestätigt.

5. Du registrierst überraschend steigenden Widerspruch? Beleidige Diskutanten noch derber. Lösche alle missliebigen Kommentare. Blocke hunderte Leute auf Twitter.

6. Schließe die Kommentarfunktion Deines Blogs jetzt ganz. Drohe Deinen Followern auf Twitter mit „Entfolgung“, wenn Sie es wagen sollten Leute in Deine Timeline zu retweeten, die DU bereits geblockt hast.

7. Wandele deinen Twitteraccount in einen geschlossenen Account um.

8. Entwickle einen gesunden Verfolgungswahn.

9. Verfasse nur noch  kryptische Texte und auch das nur noch selten. Schreibe jetzt vorrangig über Deine nun aufkommenden Depressionen und die mangelnde Solidarität der „Szene“.

10. Verschwinde von der Bildfläche


Mädchenmannschaft – die neue Ödnis

Wer seinerzeit vermutet hatte, dass das feministische Blog Mädchenmannschaft, nach dem Austritt der gemäßigten Schreiberinnen  in ein radikalfeministisches Sprachrohr verwandelt, hat sich getäuscht. Stattdessen regiert dort nun schon länger die blanke Ödnis. Relevante Diskussionen in den Kommentaren finden dort ja ohnehin schon lange nicht mehr statt. Die rigide Zensurpolitik hat scheinbar nicht nur die verhassten Kritiker – also jede Form irgendwie gearteter Kritik – verdrängt, sondern gleich jede Form von Diskussion erstickt, die über ein lahmes „ Danke für diesen unglaublich wichtigen Artikel“ hinausreicht. Wenn es denn mal wirkliche Artikel gäbe.

Interessante eigene Texte der (angeblich) noch immer vorhandenen 13 Autorinnen sind rar geworden bzw. eigentlich nicht mehr vorhanden. Es regieren stattdessen Linklisten, die auf andere Artikel in anderen Blogs verweisen, die man oft aber ohnehin schon gelesen hat. Oder es werden einfach Fremdartikel aus anderen Blogs noch mal abgedruckt. Auch thematisch ist nur noch wenig zu finden, dass mit Feminismus zu tun hat. Teilweise wäre der Blog gemessen an seiner Themenwahl als „Flüchtlingsmannschaft“ treffender bezeichnet. Feministische Trends werden nun woanders gesetzt. Selbst als Gegnerin hat dieses Blog seinen Reiz verloren.